Betrugsbekämpfung – Maßnahmen gegen Sozialbetrug

Stand: November 2023

Mit 1.1.2016 ist das neue Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) in Kraft getreten. Das Gesetz regelt die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch bei Verdacht auf Sozialbetrug zwischen Sicherheitsbehörden, Abgabenbehörden des Bundes, der Bauarbeiterurlaubskasse, der Gewerbebehörde, dem Arbeitsinspektorat und dem AMS, wobei als Sozialbetrug insb folgendes Verhalten definiert wird:

Scheinunternehmen

Ein Scheinunternehmen ist ein Unternehmen, das vorrangig darauf gerichtet ist, Lohnabgaben, Sozialversicherungsbeiträge, BUAK-Beiträge oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmern zu verkürzen oder Personen bei der Sozialversicherung anzumelden, damit diese Sozial- bzw Transferleistungen empfangen können, obwohl tatsächlich keine unselbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.

Besteht der Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens, ist das dem Unternehmen durch die Finanz mitzuteilen. Innerhalb einer Woche kann dagegen Widerspruch durch persönliche Vorsprache erhoben werden, andernfalls wird das Vorliegen eines Scheinunternehmens bescheidmäßig festgestellt. Gegen den Bescheid kann innerhalb einer Woche beim Bundesfinanzgericht Rechtsmittel erhoben werden. Wird das Bestehen eines Scheinunternehmens rechtskräftig festgestellt, ist das durch das Finanzministerium im Internet bekannt zu machen und im Firmenbuch einzutragen.

In der Folge kann dieses Unternehmen keine Dienstnehmer mehr anmelden. Bereits angemeldete Dienstnehmer werden verständigt und müssen innerhalb von sechs Wochen bei der zuständigen Gesundheitskasse vorsprechen. Kommen die Arbeitnehmer nicht, erlischt ihre Versicherung. Kann der Dienstnehmer nachweisen, dass er Arbeitsleistungen erbracht hat, hat die Gesundheitskasse den wahren Dienstgeber zu ermitteln. Kann sie diesen nicht ermitteln, wird dieser Arbeitnehmer jenem auftraggebenden Unternehmen zugerechnet, das wusste oder wissen hätte müssen, dass es sich beim auftragnehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen handeln muss. Ist auch das nicht möglich, endet die Versicherung für diese Person.

Haftung der Auftraggeber

Zu beachten ist die Haftung der Auftraggeber von Scheinunternehmen. Wusste oder hätte der auftraggebende Unternehmer zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wissen müssen, dass es sich beim auftragnehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen handelt, haftet er ab der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens zusätzlich zum Scheinunternehmen als Bürge und Zahler nach § 1357 ABGB für Ansprüche auf das Entgelt der beim Scheinunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Diese Haftung bezieht sich auf alle Entgelte aus Arbeitsleistungen, die mit der Beauftragung in Verbindung stehen. Zusätzlich kann ein Arbeitnehmer eines Scheinunternehmens auch in sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht dem Auftraggeber zugerechnet werden.

Wissen oder wissen hätte müssen ist vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten, verlangt also ein Handeln oder Unterlassen, bei dem unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen und bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wurde und ganz einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden. Daraus wird man keine Verpflichtung des Auftraggebers ableiten können, detaillierte Nachforschungen anzustellen, außer es gibt konkrete Anhaltspunkte, die für das Vorliegen eines Scheinunternehmens sprechen. Jedenfalls wird es aber zu Haftungen kommen können, wenn das Vorliegen eines Scheinunternehmens bekannt gemacht wurde (auf der Liste des Finanzministeriums bzw im Firmenbuch).

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TIPP:

Schauen Sie sich Ihre Geschäftspartner genau an! Typisch für Scheinunternehmen ist

  • eine kurze „Lebensdauer“ der Firmen;
  • im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer, die man nie zu Gesicht bekommt;
  • häufig wechselnde Mitarbeiter, die ihre angeblichen Dienstgeber gar nicht kennen;
  • atypische Firmenfahrzeuge (zB ohne übliche Beschriftung, ausländische Kennzeichen);
  • keine angemessenen Geschäftsräume bzw Betriebsstätten
  • ungewöhnliche Abrechnungen;
  • rein mündliche Geschäftsanbahnungen;
  • ad-hoc Kalkulationen;
  • Nichtnennung von üblichen Auftragsbedingungen;
  • bei größeren Umfängen keine schriftlichen Auftragsvereinbarungen;
  • marktunübliche Preisgestaltung.

Beachten Sie, dass Sie allenfalls die von einer Scheinfirma in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen können bzw Ihnen die Abzugsfähigkeit des Aufwandes als Betriebsausgabe verwehrt wird, weil Sie den bzw die tatsächlichen Empfänger der Zahlungen nicht benennen können.
Steht oder stand ein Unternehmer in Kontakt mit einem Scheinunternehmen, wird oft auch dieser verdächtigt, zu Abgabenhinterziehungen beigetragen zu haben, was dann zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Auftraggeber eines Scheinunternehmens führen kann.
Wenn Sie Geschäftsbeziehungen eingehen, dann überprüfen Sie daher Ihren Geschäftspartner und wenn Sie Verdacht schöpfen, dann bitten Sie Ihre Geschäftspartner um Aufklärung. Ein seriöser Geschäftspartner wird Ihnen hier gerne Auskunft geben und allfällige Missverständnisse aufklären.
WICHTIG: Dokumentieren Sie Ihre Recherchen so, dass Sie auch nach Jahren (und da es sich oft um finanzstrafrechtlich relevante Angelegenheiten handelt mitunter auch noch nach bis zu 12 Jahren) Ihre Erhebungen mit Beweismitteln unterlegen können.
Prüfen Sie jedenfalls vor Aufnahme einer neuen Geschäftsbeziehung, ob sich Ihr neuer Geschäftspartner nicht auf der Liste der Scheinunternehmen des BMF (siehe unter https://service.bmf.gv.at/service/allg/lsu/) wiederfindet!

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