Abgabenänderungsgesetz 2023 (AbgÄG 2023)

Stand: November 2023

Eine Reihe steuerlicher Neuerungen und Änderungen wurden mit dem AbgÄG 2023 eingeführt. Mit 6. Juli 2023 wurde das Abgabenänderungsgesetz 2023 im Nationalrat beschlossen, durch die Kundmachung per 21. Juli 2023 ist dieses Gesetz mittlerweile schon in Kraft getreten. Anbei soll eine Zusammenfassung die Highlights darstellen, sodass Sie keine der Neuerungen, die teilweise tolle Chancen eröffnen, verpassen.

1. Entnahme von Gebäuden zum Buchwert aus dem Betriebsvermögen

Die Entnahme von Gebäuden aus dem Betriebsvermögen wurde wesentlich erleichtert. Durch das AbgÄG 2023 kann die Entnahme von Gebäuden aus dem Betriebsvermögen zum Buchwert erfolgen (die steuerneutrale Entnahme von Grund und Boden zu Buchwerten ist bereits möglich). Damit unterbleibt bei der Entnahme die Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven. Diese müssen erst bei einer späteren Veräußerung realisiert werden.

Ebenso wurde für Betriebsaufgaben in § 24 Abs 6 EStG ein Wahlrecht eingeführt. Wird der Betrieb aufgegeben und werden Gebäude in das Privatvermögen übernommen, können Gebäude auf Antrag mit dem gemeinen Wert statt mit dem Buchwert entnommen werden, wenn der Hälftesteuersatz zur Anwendung kommt.

Die Ausübung dieses Wahlrechts bietet zwei Vorteile: Einerseits kann bei einer Entnahme des Gebäudes zum gemeinen Wert iR einer Betriebsaufgabe künftig eine höhere Abschreibung geltend gemacht werden, wenn das Gebäude anschließend vermietet wird. Andererseits ergibt sich auch ein Vorteil, wenn eine Veräußerung des Gebäudes geplant ist. Die Gewinne aus der Veräußerung des Gebäudes unterliegen idR der Immobilienertragsteuer von 30%. Aufgrund der Entnahme zum Buchwert werden alle stillen Reserven erst im Zeitpunkt des Verkaufs mit 30% Immobilienertragsteuer besteuert. Durch das neue Wahlrecht kann jedoch alternativ eine Versteuerung bereits im Zeitpunkt der Betriebsausgabe bei Entnahme mit dem gemeinen Wert erfolgen. Dadurch kommt nur der halbe Einkommensteuersatz von 25% bis maximal 27,5% zur Anwendung (anstatt die 30% Immobilienertragsteuer).

Im Zusammenhang mit dieser Neuregelung wurde auch die Herstellerbefreiung iRd Immobilienertragsteuer präzisiert. Die Herstellerbefreiung gilt nur dann, wenn das Gebäude im Privatvermögen hergestellt wurde. Selbst hergestellte Gebäude des Betriebsvermögens bleiben nach Entnahme ins Privatvermögen also steueranhängig. Die Hauptwohnsitzbefreiung iRd Immobilienertragsteuer ist nach wie vor ohne Einschränkungen anwendbar.

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TIPP:

Das AbgÄG 2023 bietet tolle Gestaltungsmöglichkeiten für die Entnahme von Gebäuden aus dem Betriebsvermögen. Überdenken Sie daher Ihre vermögensrechtliche Gestaltung iZm Immobilien.

 

2. Einlagen aus dem steuerlichen Privatvermögen in Personengesellschaften

In § 32 Abs 3 EStG wird die Überführung von Wirtschaftsgütern in Personengesellschaften geregelt. Die Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen und dem Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft (zB OG, KG; betrieblich sowie vermögensverwaltend) ist ertragsteuerlich in eine Eigenquote (= Einlagevorgang) und Fremdquote (= steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang) aufzuteilen. Die an der Übertragung beteiligten Steuerpflichtigen haben durch Ergänzungsbilanzen Vorsorge zu treffen, dass es bei der Einkünfteermittlung zu keiner endgültigen Verschiebung der Steuerlast kommt. Ist der Steuerpflichtige an der Personengesellschaft zu 100% vermögensbeteiligt (dh andere Gesellschafter sind nur Arbeitsgesellschafter ohne Vermögensbeteiligung), liegt bei der Übertragung von Wirtschafsgütern mangels Fremdquote keine Veräußerung vor. Bei Einlage eins Wirtschaftsgutes in das Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters ist dies weiterhin ertragsteuerlich zu 100% dem Gesellschafter zuzurechnen.

In diesem Zusammenhang werden in § 24 Abs 7 EStG Ergänzungen für einen „verunglückten“ Zusammenschluss eingefügt, wonach eine Realisierung sämtlicher stiller Reserven unterbleiben soll. Bei einer Übertragung gegen Gewährung von Gesellschafterrechten an einer Personengesellschaft ist § 32 Abs 3 EStG sinngemäß anzuwenden. Es werden daher bei verunglückten Zusammenschlüs¬sen nicht sämtliche stille Reserven aufgedeckt, sondern es erfolgt eine Betrachtung hinsichtlich Eigen- und Fremdquote. Eine Realisierung stiller Reserven tritt nur mehr ein, wenn das Vermögen dem Übertragenden anteilig steuerlich nicht mehr zuzurechnen ist. Ist das Vermögen dem Steuerpflichtigen weiterhin zuzurechnen, kommt es zu einer Buchwertfortführung, wenn eine Vorsorge gegen die Verschiebung von Steuerlasten getroffen wird. Dies gilt für Zusammenschlussstichtage nach dem 30.6.2023.

3. Ausweitung der Einkommensteuerbefreiung von Photovoltaikanlagen

Im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 2022 wurde eine Steuerbefreiung für kleinere Photovoltaikanlagen ab der Veranlagung 2022 eingeführt. Die Befreiung ist auf Anlagen mit einer Engpassleistung von 25 Kilowatt Peak (kWp) beschränkt, sodass Einkünfte aus der Einspeisung von höchstens 12.500 kWh Strom aus Photovoltaikanlagen steuerfrei sind. Wird diese Schwelle überschritten, so gilt die Befreiung anteilig iS eines Freibetrags.

Im Zuge des Abgabenänderungsgesetzes 2023 wurde die Grenze für die Engpassleistung auf 35 Kilowatt Peak (kWp) angehoben (also um 10 kWp). Weiters wurde eine Grenze für die Anschlussleistung iHv 25 kWp eingeführt.

4. Umsetzung der Steuerfreiheit von Entschädigungszahlungen an Mitglieder in Wahlbehörden

Entschädigungen gem § 20 Nationalrats-Wahlordnung 1992 (oder ähnliche Entschädigungen) für die Tätigkeit in Wahlbehörden von Gebietskörperschaften sind nun explizit steuerfrei gestellt. Bei der betraglichen Begrenzung wird auf das Gebührenanspruchsgesetz verwiesen.

5. Steuerfreistellung von Zahlungen für E-Fahrzeuge (§ 3 Z 41 EStG)

Zahlungen an Zulassungsbesitzer von elektronisch betriebenen Kfz (E-Pkw), die sich nicht im Betriebsvermögen befinden, sind nun steuerfrei, wenn sie für die Übertragung von Strommengen aus erneuerbarer Energie (welche als Antrieb für das Kfz produziert wurde) getätigt werden.

6. Generalnorm für die Antragstellung und Ausübung von Wahlrechten

Im EStG verfügt der Steuerpflichtige über viele Wahlrechte (zB Gewinnfreibetrag). Zur Ausübung dieser Wahlrechte müssen Anträge gestellt werden. Die Vorgehensweise dazu ist nicht einheitlich im EStG geregelt. § 39 Abs 4 EStG schafft nun eine Generalnorm zur Wahrnehmung von veranlagungsbezogenen Besteuerungswahlrechten und Anträgen. Diese sind in der Steuererklärung auszuüben, wenn es auf dem amtlichen Vordruck oder durch die automationsunterstützte Datenübertragung vorgesehen ist. Wenn nichts anderes bestimmt ist, können Besteuerungswahlrechte und Anträge nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften nach erstmaligem Eintritt der Rechtskraft nachträglich ausgeübt oder geändert bzw zurückgezogen werden. Hierfür ist jedoch ein tauglicher Verfahrenstitel zur Durchbrechung der Rechtskraft notwendig (zB Außenprüfung); „Teilrechtskraftdurchbrechung“ (zB § 293 b BAO) reichen nicht aus. Die nachträgliche Änderung oder Ausübung stellt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar. Diese Bestimmung ist ab der Veranlagung 2023 anzuwenden.

7. Sicherstellung der Steueranhängigkeit früher übertragener stiller Reserven bei Privatstiftungen

Bei Privatstiftungen besteht grundsätzlich die Möglichkeit, stille Reserven aus der Veräußerung von Beteiligungen auf eine Ersatzbeteiligung von zumindest 10% zu übertragen. In der Praxis wurde es auch als zulässig angesehen, dass eine Kapitalerhöhung einer bereits bestehenden 100%igen Beteiligung als Ersatzbeteiligung gilt (und somit stille Reserven übertragen werden konnten).

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 17.11.2022 (Ra 2021/15/0053) nun diese Praxis verneint. Das Abgabenänderungsgesetz 2023 hat nun explizit klargestellt, dass die Ansicht des VwGH für Altfälle, die im Zeitraum von Kalenderjahr 2001 bis zum 30. April 2023 stattgefunden haben, nicht gilt.

8. USt-Schuld kraft Rechnungslegung

Auf Basis der EuGH-Rechtsprechung wird die Regelung über die Entstehung der Steuerschuld kraft Rechnungslegung angepasst. Kommt es zu keiner Gefährdung des Steueraufkommens, entsteht keine Steuerschuld kraft Rechnungslegung. In diesem Fall ist keine Berichtigung der Rechnung für den Entfall der Steuerschuld notwendig. Diese Bestimmung ist jedoch sehr einschränkend und ist nur anzuwenden, wenn Leistungen ausschließlich an Endverbraucher ohne Vorsteuerabzug erbracht werden.

9. Gesetzliche Verankerung der Steuerberater-Quotenregelung

Die bestehende Steuerberater-Quotenregelung wird gesetzlich in § 134a BAO verankert. Berufsmäßig vertretene Steuerpflichtige (zB durch einen Steuerberater) müssen die Steuererklärungen bis längstens 31. März des auf den Veranlagungszeitraum zweitfolgenden Kalenderjahres einreichen. Diese Frist kann vom Finanzamt längstens bis zum 30. Juni verlängert werden. Die Quotenregelung gilt nicht für Steuererklärungen, die nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit Lohnsteuerabzug beinhalten.

10. Verlängerung der Verjährungsfristen im Finanzstrafverfahren

Die Verjährungsfrist für schwerwiegende Finanzvergehen wird verlängert und der strafbestimmende Wertbetrag für die gerichtliche Zuständigkeit wird angehoben. Für Abgabenbetrug mit einem Wertbetrag > € 500.000,-- sowie grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug gilt nun eine Verjährungsfrist von 10 Jahren. Alle anderen Verjährungsfristen bleiben gleich.

Die Zuständigkeit für Finanzvergehen richtet sich nach der Höhe der Abgabenverkürzung. Nach dem AbgÄG 2023 ist das Amt für Betrugsbekämpfung nun bis zu einem Verkürzungsbetrag von € 150.000,-- (statt bisher € 100.000,--) und das Zollamt Österreich bis zu einem Verkürzungsbetrag von € 75.000,-- zuständig (statt bisher € 50.000,--). Bei Überschreiten dieser Grenzen sind die ordentlichen Gerichte für das Finanzstrafverfahren zuständig.

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