Grace-Period-Gesetz

Rubrik: Steuerrecht
Ausgabe: Sep. 2024

Das Grace-Period-Gesetz wurde am 25.6.2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist ab 1.1.2025 anwendbar.

ParagraphZiel des Grace-Period-Gesetzes ist die Übergabe eines „steuerlich sauberen“ Unternehmens innerhalb der Familie durch eine vom Finanzamt für die Dauer der „Grace-Period“ begleitete Unternehmensübertragung. Das Gesetz sieht insbesondere die Prüfung noch offener Zeiträume des übergebenden Unternehmers sowie die Möglichkeit der Auskunft über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte für den potenziellen Nachfolger vor. Damit verbunden sind erhöhte Offenlegungspflichten der Beteiligten sowie ein laufender Kontakt zwischen dem voraussichtlichen Erwerber und dem Finanzamt. Dadurch soll größtmögliche Rechts- und Planungssicherheit im Hinblick auf den Übertragungsvorgang garantiert werden.

Die Begleitung der Unternehmensübertragung ist in den §§ 153h ff BAO geregelt.

Einen Antrag auf begleitende Unternehmensübertragung können nur natürliche Personen stellen, die innerhalb von zwei Jahren ab Antragstellung ihren (Teil-)Betrieb oder ihre Mitunternehmeranteile, an denen ausschließlich Angehörige beteiligt sind, iSd § 24 EStG an Angehörige übertragen wollen. Die Antragstellung ist nur möglich, wenn für den zu übertragenden Betrieb bzw den zu übertragenden Mitunternehmeranteil eine Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich vorliegt. Der Antrag ist im Rahmen des amtlichen elektronischen Formulars per FinanzOnline beim Finanzamt Österreich zu stellen und hat zum einen eine Einverständniserklärung zu enthalten, wonach an der Begleitung der Unternehmensübertragung mitgewirkt wird und zum anderen, dass der Offenbarung von der abgabenrechtlichen Geheimhaltung unterliegenden Daten zugestimmt wird. Dies dient der Gewährleistung einer ganzheitlichen Begleitung der Unternehmensübertragung unter Einbeziehung aller relevanten Informationen über den übertragenden Unternehmer und den Übernehmenden.

Sofern die Voraussetzungen für eine begleitende Unternehmensübertragung gegeben sind, leitet das Finanzamt Österreich eine Außenprüfung iSd § 147 BAO ein; bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen erfolgt eine bescheidmäßige Abweisung des Antrags. Das Konzept der Außenprüfung gem § 153j BAO entspricht dem der „Außenprüfung auf Antrag“ und soll allenfalls vorhandene steuerliche Risiken des Übergebenden und des Übernehmenden zeitgerecht aufdecken. Geprüft wird der Antragsteller und gegebenenfalls auch die Mitunternehmerschaft, deren Anteile übertragen werden sollen. Die Außenprüfung umfasst die letzten drei Jahre vor der Antragstellung für diese bereits eine Abgabenerklärung eingereicht wurde, wenn für diese Jahre nicht bereits eine Außenprüfung stattgefunden hat. Zur Gewährleistung einer zeitlich möglichst planbaren Unternehmensübertragung soll die Außenprüfung tunlichst innerhalb von drei Monaten nach der Antragstellung begonnen und innerhalb von sechs Monaten ab Beginn der Prüfung abgeschlossen werden, sodass insgesamt eine Dauer von neun Monaten ab Antragstellung nicht überschritten wird. Die Außenprüfung umfasst alle Abgaben, die in die Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich (§ 60 BAO) fallen, außer Abgaben, die von der Lohnsteuerprüfung gem § 86 EStG erfasst sind.

Nach Beendigung der Begleitung einer Unternehmensübertragung sind die von dieser umfassten Zeiträume von einer Außenprüfung ausgenommen.

Antragsteller und potenzieller Übernehmer unterliegen während des gesamten Prozesses erweiterten Offenlegungspflichten: Zusätzlich zu anderen abgabenrechtlichen Offenlegungspflichten haben sie unaufgefordert jene Umstände offenzulegen, die für die Übertragung des (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils relevant sind und bei denen ein ernsthaftes Risiko besteht, dass diese durch das Finanzamt Österreich abweichend beurteilt werden und folglich auch nicht unwesentliche Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis haben könnten. Darüber hinaus können im Zusammenhang mit der Übertragung so oft Besprechungen zwischen Antragsteller, Erwerber und Finanzbeamten abgehalten werden, wie es zur Klärung abgabenrechtlicher Fragen erforderlich ist; über die Besprechungen sind Niederschriften iSd § 87 BAO zu erstellen. Außerdem ist das Finanzamt verpflichtet, dem Erwerber Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen. Die Verpflichtung gilt allerdings nur insoweit, als keine Möglichkeit zur Beantragung eines Auskunftsbescheids gem § 118 BAO besteht.

Die Begleitung der Unternehmensübertragung beschränkt sich auf den Zeitraum der Unternehmensübertragung und endet daher im Zeitpunkt des Einlangens der letzten Abgabenerklärung, die das Kalenderjahr betrifft, in dem die Unternehmensübertragung abgeschlossen wurde. Darüber hinaus kann die Begleitung der Unternehmensübertragung zu einem früheren Zeitpunkt auch auf Antrag des voraussichtlichen Übernehmers beendet werden. Der Antrag muss nicht begründet werden, kann allerdings erst gestellt werden, wenn alle Außenprüfungen abgeschlossen sind. Von Amts wegen kann die Begleitung der Unternehmensübertragung (bescheidmäßig) beendet werden, wenn der Vorgang der Unternehmensübertragung unterbrochen oder abgebrochen wird, dh wenn die Unternehmensübertragung nicht fort- oder durchgeführt werden soll (zB wenn über einen längeren Zeitraum hinweg keine Fortschritte im Prozess der Übertragung erkennbar sind). Eine amtswegige Beendigung ist auch möglich, wenn über das übertragende Unternehmen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder die Zuständigkeit des Finanzamtes Österreich für den Übertragenden oder Übernehmenden nicht mehr gegeben ist.

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