Das Abgabenänderungsgesetz 2024 wurde am 19.7.2024 im BGBl I (113/2024) veröffentlicht. Es zielt auf die Entlastung von Unternehmen und deren Beschäftigte, die Ökologisierung des Steuerrechts, die Stärkung der Rechtssicherheit und die Anpassung des nationalen Rechts an unionsrechtliche Vorgaben ab.
1. Einkommensteuer
Übertragungen aus Personengesellschaften (§ 32 Abs 3 EStG)
Im Rahmen des AbgÄG 2023 wurden in § 32 Abs 3 EStG die steuerlichen Folgen einer Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Privatvermögen oder Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft geregelt: Der Vorgang wird dabei in einen Einlage- und einen Anschaffungsvorgang aufgespalten, wodurch es im Ergebnis zu einer anteiligen Veräußerung kommt. Das AbgÄG 2024 regelt nun auch ausdrücklich den spiegelbildlichen Vorgang der Entnahme von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen von Personengesellschaften in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen eines Steuerpflichtigen. Auch der Entnahmevorgang wird entsprechend der Fremd- und Eigenquote in einen Veräußerungs- und einen Entnahmevorgang aufgespalten. Eine Veräußerung liegt nur insoweit vor, als die Wirtschaftsgüter den übrigen Gesellschaftern nach der Übertragung nicht mehr zuzurechnen sind („Fremdquote“); im Ausmaß der „Eigenquote“ liegt hingegen eine Entnahme gem § 6 Z 4 EStG (Übertragung von Betriebsvermögen aus einer Mitunternehmerschaft in das Privatvermögen) oder ein steuerneutraler Vorgang (Übertragung aus einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder Übertragungen in das Sonderbetriebsvermögen) vor.
Die Regelungen sind danach auch dann anwendbar, wenn die Beteiligung an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft oder vermögensverwaltende Personengesellschaft) zum Betriebsvermögen eines Betriebes eines Gesellschafters gehört und es zu Übertragungen zwischen diesem (Eigen-)Betrieb des Gesellschafters und dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft kommt. Die Neuregelung gilt für Übertragungen von Wirtschaftsgütern ab 1.7.2024.
Familienbonus Plus
Die Berücksichtigung des Familienbonus Plus hängt nach § 33 Abs 3a Z 3 EStG davon ab, ob ein Unterhaltsabsetzbetrag (UAB) zusteht:
Gerade Trennungen/Scheidungen mit nachfolgend neuem (Ehe-)Partner verursachen auch beim Familienbonus Plus Probleme, da uU sowohl der seinerzeitige unterhaltsverpflichtete (Ehe-)Partner als auch der neue (Ehe)Partner den Familienbonus Plus (zeitlich versetzt) für ein und dasselbe Kind beantragen.
Um eine einmalige Berücksichtigung des Familienbonus Plus sicherzustellen, wird in § 33 Abs 3a Z 3 EStG eine neue lit d eingefügt: Stellt sich für das Finanzamt nach Eintritt der Rechtskraft heraus, dass kein oder ein niedrigerer Anspruch auf den Familienbonus Plus besteht, gilt dies als rückwirkendes Ereignis gem § 295a BAO.
Durchschnittssteuersatz bzw Progressionsvorbehalt
Ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 gilt eine einheitliche Regelung für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes (§ 33 Abs 10 EStG). Danach ist dieser aus der Tarifsteuer ohne Absetzbeträge zu ermitteln. Die Absetzbeträge sind erst nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes auf das Einkommen abzuziehen und wirken sich so in voller Höhe aus.
Antragslose Arbeitnehmerveranlagung (§ 41 EStG)
Der Bescheid aus einer antragslosen Veranlagung ist im Falle nachträglich übermittelter Daten auch dann durch einen neuen Bescheid zu ersetzen, wenn die Gutschrift geringer ausfällt (bisher wurde der Bescheid mittels Wiederaufnahme aufgehoben, wodurch der Steuerpflichtige Steuer zurückzahlen und sodann neu beantragen musste). Wurden daher zB zunächst Spenden zu hoch berücksichtigt und die nachträglich übermittelten Daten korrigieren die Spenden nach unten, erfolgt automatisch eine neue antragslose Veranlagung und der Steuerpflichtige hat nur die Differenz der Steuer entsprechend den zu hoch berücksichtigten Spenden zurückzuzahlen; die Änderung gilt ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024.
Freibetragsbescheid auf Antrag (§ 63 EStG)
Von den rund 480.000 jährlich erstellten Freibetragsbescheiden werden nur rund 4% dem Arbeitgeber zur Berücksichtigung am Lohnzettel vorgelegt. Daher werden zur administrativen Entlastung Freibetragsbescheide nur mehr auf Antrag erlassen (erstmals für Freibetragsbescheide, die mit einem Veranlagungsbescheid für das Kalenderjahr 2024 erstellt werden).
Steuerabzug bei Einkünften zur Abwehr von Hochwasserschäden (§ 107 EStG)
Ebenso wie die Entgelte aus der Einräumung von Leitungsrechten setzen sich auch Entgelte zur Abwehr von Hochwasserschäden (Retentionsflächen) und zur Errichtung/zum Betrieb von Hochwasserschutzanlagen aus mehreren Komponenten zusammen (ebenfalls für die Rechtseinräumung/Dienstbarkeit, die Bodenwertminderung und den Ertragsausfall). Daher wird mit dem AbgÄG 2024 in § 107 EStG der Steuerabzug für Einkünfte aus Leitungsrechten um Maßnahmen zur Abwehr von Hochwasserschäden erweitert. Die angesprochenen Entgelte stammen dabei von Gebietskörperschaften, Wassergenossenschaften, Wasserverbänden oder Elektrizitätsunternehmen. Die Abzugsteuer beträgt unverändert 10% (bei empfangenden Körperschaften 7,5%) und greift erstmals für Zahlungen ab 1.1.2025.
2. Gebührengesetz
Anknüpfend an § 107 EStG wird die bestehende Gebührenbefreiung für Entgelte aus der Einräumung von Leitungsrechten um solche für die Abwehr von Hochwasserschäden erweitert (§ 35 Abs 7).
3. Körperschaftsteuer
Gruppenbesteuerung (§ 9 KStG)
Wegen unerwünschter praktischer Gestaltungen zieht das AbgÄG 2024 bei der Berücksichtigung von Vorgruppenverlusten beim Gruppenträger eine Schranke ein. Vortragsfähige Vorgruppenverluste des (nunmehrigen) Gruppenträgers können nicht verrechnet werden, soweit darin – vormals abzugsfähige – Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Veräußerungsverluste hinsichtlich Beteiligungen an Körperschaften enthalten sind, die bereits im Zeitpunkt der Abschreibung oder Veräußerung Mitglied einer anderen Unternehmensgruppe waren (§ 9 Abs 6 Z 4a KStG). Von § 9 Abs 6 Z 4a KStG erfasste Teilwertabschreibungen auf eine Beteiligung können allerdings mit späteren steuerwirksamen Zuschreibungen des (nunmehrigen) Gruppenträgers auf diese Beteiligung verrechnet werden. Die Regelung umfasst auch noch nicht berücksichtigte Siebentelbeträge iSd § 12 Abs 3 Z 2 KStG (erstmals auf Unternehmensgruppen anzuwenden, für die ein Gruppenantrag nach dem 3.5.2024 gestellt wurde).
Bei den Verlusten gibt es aber auch Erleichterungen: An sich sieht § 9 Abs 6 Z 6KStG zwingend die Zurechnung von Verlusten von ausländischen Gruppenmitgliedern vor (mit Nachversteuerung gem Z 7). Auf diese Zurechnung kann nunmehr ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2024 auch verzichtet werden. Dieser Verzicht versteht sich jahresbezogen für das jeweilige ausländische Gruppenmitglied (und kann daher für das betreffende Wirtschaftsjahr auch jährlich neu ausgeübt werden).
Formale Voraussetzung für die Bildung einer Unternehmensgruppe ist nach § 9Abs 8 KStG ein schriftlicher Gruppenantrag. Dieser ist vom Gruppenträger (bzw vom Hauptbeteiligten im Falle einerBeteiligungsgemeinschaft) bei dem für den Antragsteller für die Erhebung der KöSt zuständigen Finanzamt unter Verwendung des amtlichen Vordrucks innerhalb eines Kalendermonats nach der Unterfertigung des letzten gesetzlichen Vertreters zu stellen. Nach dem AbgÄG 2024 kann die Übermittlung der amtlichen Vordrucke elektronisch über Finanz-Online erfolgen, wenn die amtlichen Vordrucke mittels qualifizierter elektronischer Signaturen vom Gruppenträger und aller einzubeziehenden inländischen Körperschaften unterfertigt sind (ab 1.1.2025).
4. Umsatzsteuer
Virtuelle Leistungen
Bei virtuell verfügbar gemachten sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs 11 lit aUStG wird ab 1.1.2025 das Empfängerortprinzip gelten. Als expliziten Anwendungsfall nennen die Erläuterungen Streaming-Leistungen, die nicht bereits unter § 3a Abs 13 Satz 1 UStG fallen (zB interaktive Online-Sprachkurse).
Lebensmittelspenden
Nach derzeitiger Rechtslage müssen Unternehmer für Lebensmittelspenden einen Entnahmeeigenverbrauch deklarieren und somit Umsatzsteuer abführen. Das AbgÄG 2024 sieht nun vor, dass für Lebensmittel und nicht alkoholische Getränke, welche an begünstigte mildtätige Einrichtungen gespendet werden, eine echte Umsatzsteuerbefreiung eingeführt wird. Dies bewirkt, dass der Entnahmeeigenverbrauch umsatzsteuerfrei gestellt wird und der Vorsteuerabzug für die Anschaffung der Lebensmittel nicht ausgeschlossen ist. Parallel zur umsatzsteuerlichen Begünstigung erfolgt bei Lebensmittelspenden und Spenden von nichtalkoholischen Getränken auch eine ertragsteuerrechtliche Anpassung. Für Lebensmittelspenden an begünstigte mildtätige Einrichtungen ist künftig der Buchwert (anstatt des bisher für Sachspenden zu ermittelnden gemeinen Werts) abzugsfähig. Da eine „Entnahmebesteuerung“ entfällt, wird damit sichergestellt, dass Lebensmittelspenden gewinnneutral zugewendet werden können.
Grenzüberschreitender Kleinunternehmer ab 2025
Die derzeit geltende Kleinunternehmerregelung gilt nur für Unternehmer, die im Inland (Österreich) ihr Unternehmen betreiben. Dadurch entsteht für grenzüberschreitend tätige Kleinunternehmer ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil. In der Neufassung der Kleinunternehmerregelung wird der Anwendungsbereich auf Unternehmer ausgedehnt, welche ihr Unternehmen im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat betreiben.
Die inländische Umsatzgrenze für Kleinunternehmer legt das Gesetz bisher mit € 35.000,-- „netto“ (also nach fiktivem Abzug einer Umsatzsteuer) fest. Diese Grenze wird nunmehr € 42.000,-- „brutto“ betragen und bleibt daher für alle Kleinunternehmer, die dem Grunde nach 20%ige Umsätze tätigen, gleich hoch wie bisher. Diese inländische Umsatzgrenze darf im vorangegangenen sowie im laufenden Jahr nicht überschritten werden. Ab dem Umsatz, mit dem diese inländische Umsatzgrenze im laufenden Jahr um mehr als 10% überschritten wird, kommt die Kleinunternehmerbefreiung nicht mehr zur Anwendung. Wird im laufenden Jahr die Kleinunternehmergrenze überschritten, aber um nicht mehr als 10%, kann die Kleinunternehmerregelung noch bis zum Ende des Kalenderjahres beibehalten werden.
Wird das Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat betrieben oder will ein inländischer Unternehmer (auch) in anderen Mitgliedstaaten die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, so gelten zusätzliche Voraussetzungen:
Wird der unionsweite Schwellenwert von € 100.000,-- überschritten, so ist die grenzüberschreitende Kleinunternehmerregelung ab dem Umsatz, mit dem der Schwellenwert überschritten wird, nicht mehr anwendbar. Sollten bei Unternehmern, die ihr Unternehmen im Inland betreiben, die inländischen Umsätze jedoch unter der nationalen Kleinunternehmergrenze liegen, so ist für die inländischen Umsätze die nationale Regelung weiterhin anwendbar.
Wird die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer angewendet, so schließt dies (wie bisher) den Vorsteuerabzug für Aufwendungen aus.
Bei Anwendung der grenzüberschreitenden Kleinunternehmerregelung wird dem Unternehmer nach Benachrichtigung des Finanzamts und Prüfung der Voraussetzungen von allen Mitgliedstaaten, in welchen die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden soll, eine individuelle Umsatzsteueridentifikationsnummer zugeteilt. Diese Nummer enthält ein „EX“ (sog EX-ID-Nummer oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummer). Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige binnen eines Monats ab Ende des Kalendervierteljahres vierteljährliche Umsatzmeldungen an seinen Ansässigkeitsstaat unter Angabe seiner EX-ID-Nummer durchführen. Dabei meldet er den Umsatz, der in den einzelnen Mitgliedstaaten bewirkt wurde. Überschreitet der Unternehmer unterjährig die Jahresschwelle von € 100.000,--, so muss er binnen 15 Werktagen die Überschreitung samt Angabe aller Umsätze seit Beginn des laufenden Quartals bis zum Zeitpunkt des Überschreitens des Schwellenwerts melden.
Die Beendigung der grenzüberschreitenden Kleinunternehmerregelung kann auch freiwillig oder durch Einstellung der Tätigkeit erfolgen.
Im Rahmen der Abschaffung der „kalten Progression“ wurde für das Jahr 2025 (Ministerrat vom 4.7.2024, GZ 104a/1) auch eine Erhöhung der Kleinunternehmergrenze auf € 55.000,-- ab 2025 beschlossen (Gesetzeswerdung bleibt abzuwarten).
Differenzbesteuerung
Die Differenzbesteuerung (§ 24 UStG) ist nicht mehr anwendbar, wenn die Lieferung an einen Wiederverkäufer oder die Einfuhr durch den Wiederverkäufer einem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Kommt der ermäßigte Steuersatz für Kunstgegenstände, Sammlungsstücke und Antiquitäten nicht zur Anwendung, ist die Differenzbesteuerung möglich (ab 1.1.2025).