Die Rückkehr der Zinsen

Rubrik: Steuerrecht
Ausgabe: Sep. 2023

Viele Jahre lang waren die Bankzinsen so niedrig, dass sie im Wirtschaftsleben kaum eine Rolle gespielt haben. Teilweise sind sie sogar negativ geworden, was die meisten Banken veranlasst hat, sogenannte Verwahrungsentgelte für Guthaben auf Firmenkonten zu verrechnen. Aufgrund der gewaltigen Inflation der letzten Monate hat sich aber auch die Situation am Zinsenmarkt gewaltig geändert. Seit etwa einem Jahr steigen diese nämlich deutlich, was letztendlich auch für Steuerzahler spürbare Auswirkungen haben wird.

Zinsen_Steigung_ProzentDie von der Finanzverwaltung verrechneten bzw gutgeschriebenen Zinsen orientieren sie am sogenannten Basiszinssatz, der sich wiederum aus der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ergibt. Von etwa Mitte 2013 bis Mitte des vergangenen Jahres war dieser Zinssatz negativ. Als unmittelbare Folge befanden sich auch die aufgrund der Bundesabgabenordnung (BAO) anzuwendenden Zinssätze de facto im Keller. Dies hat sich allerdings grundlegend geändert, seit die EZB versucht, mit Hilfe von Zinserhöhungen die starke Inflation in den Griff zu bekommen. So wurde der Basiszinssatz im Zeitraum von Juli 2022 bis Juni 2023 von –0,62% um 4%-Punkte auf nunmehr 3,38% angehoben.

Welche Auswirkungen wird dies nun für den Steuerzahler haben?

An erster Stelle sind hier jene Zinsen zu erwähnen, die die Finanzverwaltung für Steuernachforderungen im Bereich der Ertragsteuern (Einkommen- und Körperschaftsteuer) einhebt. Diese sogenannten Anspruchszinsen werden für jenen Steuerbetrag berechnet, der nicht bereits durch Vorauszahlungen entrichtet wurde. Die Berechnung der Zinsen beginnt am 1. Oktober des jeweiligen Folgejahres, somit bleiben nur die ersten neun Monate eines jeden Jahres zinsenfrei. Auch gibt es – wie bei allen anderen Zinsen auch – eine Bagatellgrenze von € 50,--. Erreichen die Zinsen diesen Betrag nämlich nicht, werden sie nicht festgesetzt. In Zeiten eines negativen Basiszinssatzes konnte mit diesem Bagatellbetrag eine Festsetzung von Anspruchszinsen in vielen Fällen verhindert werden. So konnte man sich zum Beispiel mit einer Steuernachzahlung von € 10.000,-- bei Anspruchszinsen in Höhe von 1,38% rund 132 Tage Zeit lassen. Mittlerweile beträgt der Zinssatz aber bereits 5,38%, was zu einer Reduktion des zinsenfreien Zeitraumes auf nur mehr 33 Tage geführt hat.

Steuerpflichtige Personen, die sich durch eine Steuerberatungskanzlei vertreten lassen, wissen in der Regel, dass man sich aufgrund der sogenannten Quotenregelung mit der Abgabe der Steuererklärungen locker bis Ende März des zweitfolgenden Jahres Zeit lassen kann. Dieser Umstand wurde in Zeiten vor Einführung der Anspruchszinsen auch gern dafür verwendet, Steuernachzahlungen möglichst weit hinauszuschieben. Das funktioniert natürlich auch jetzt noch, es kostet allerdings Geld. Wer mit einer Steuernachzahlung rechnet, sollte daher seinem Steuerberater die Unterlagen möglichst zeitgerecht zur Verfügung stellen, dass bis Anfang Oktober die voraussichtliche Steuerlast ermittelt werden kann.

Wer seine Steuerschuld am 1. Oktober noch nicht kennt oder aus anderen Gründen seine Steuererklärung noch nicht abgeben kann oder will, hat aber noch eine andere Möglichkeit, Anspruchszinsen zu vermeiden. Es ist nämlich jederzeit möglich, Anzahlungen auf die erwartete Nachforderung zu leisten. Damit kann auf einfache Weise der Lauf der Verzinsung gestoppt oder die Höhe der Zinsen vermindert werden.

Anspruchszinsen müssen aber nicht zwingend nachteilig für den Steuerzahler sein. Sie werden nämlich nicht nur für Nachforderungen, sondern auch für Gutschriften festgesetzt. Für Personen, die mit einer Steuergutschrift rechnen, kann es daher durchaus reizvoll sein, mit der Abgabe der Erklärung zuzuwarten. Es dürfte derzeit keine einzige Bank im Lande geben, die für kurzfristige Einlagen 5,38% Zinsen bezahlt. Und als besonderes Zuckerl sind Erträge aus solchen Zinsen auch steuerfrei.

Auch in einem anderen Zinsenbereich der Finanzverwaltung schlagen die höheren Zinsen durch, allerdings vorläufig noch nicht so deutlich. Wer dem Finanzamt Geld schuldet und eine Ratenzahlung oder Stundung bewilligt bekommen hat, schuldet für den Abgabenrückstand Stundungszinsen. Diese liegen aufgrund einer Sonderbestimmung im Zusammenhang mit der COVID-Pandemie derzeit nur 2%-Punkte über dem Basiszinssatz und betragen daher – wie die Anspruchszinsen – 5,38% p.a. Das allein ist schon eine gewaltige Steigerung im Vergleich zum Tiefststand von 1,38%. Besonders heftig wird es jedoch dann werden, wenn mit 1. Juli 2024 die Sonderbestimmung ausläuft. Ab dann werden nämlich wieder – wie in den Zeiten vor der Pandemie – 4,5%-Punkte auf den Basiszinssatz aufgeschlagen. Bei dem derzeitigen Zinsniveau würde das einen Zinssatz von 7,88% bedeuten.

Wer sich daher derzeit mit 5,38% noch relativ günstig über die Finanzverwaltung finanziert, sollte den 1. Juli 2024 nicht aus den Augen lassen. Bei entsprechender Bonität wird sich voraussichtlich eine bessere Finanzierung über eine Bank finden lassen.

Tipp:

Wenn Sie mit einer Steuernachzahlung rechnen, sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem Steuerberater! Mit passenden Anzahlungen kann die Festsetzung von Anspruchszinsen verhindert werden.

Sollten Sie Schulden bei der Finanzverwaltung haben, beachten Sie bitte, dass die Stundungszinsen derzeit bereits 5,38% betragen und sich – aus heutiger Sicht – in einem Jahr deutlich erhöhen werden!

 

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