Arbeitsrechtliche Änderungen durch die EU-Transparenzrichtlinie

Rubrik: Sozial- und Arbeitsrecht
Ausgabe: Apr. 2024

Die Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie 2019/1152 des europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 über transparente vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der europäischen Union bringt einige wesentliche gesetzliche Anpassungen.

Balkenwaage_auf_EU-FlaggeAnpassung Dienstzettelerfordernisse

Hinsichtlich der schriftlichen Aufzeichnungen über den Inhalt des Arbeitsvertrages (Dienstzettel) für echte und freie Dienstnehmer wurden die entsprechenden Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetzes und des ABGB adaptiert.

Für die (freien) Dienstnehmer wurde ein Wahlrecht hinsichtlich der Übermittlung der Dienstzettel eingeführt.

Neben der schriftlichen Aushändigung ist nunmehr auch eine Übermittlung in elektronischer Form möglich. Eine elektronische Übermittlung ist nach dem Initiativantrag dann möglich, wenn die Informationen für die Dienstnehmer zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und die Dienstgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhalten.

Hinsichtlich des Zeitpunkts der Übermittlung des Dienstzettels wurden keine Anpassungen vorgenommen. Der Dienstzettel ist daher nach wie vor „unverzüglich“ zu übermitteln. Der Begriff „unverzüglich“ bewirkt, dass eine Übergabe des Dienstzettels im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsbeginn zu erfolgen hat. In der Regel wird man einige Tage nach dem im Arbeitsvertrag geplanten Arbeitsantritt als zulässig erachten können.

Die im Dienstzettel anzuführenden Mindestangaben wurden insofern ergänzt, als nunmehr ein Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren in den Dienstzettel aufzunehmen ist. In den Erwägungsgründen zur Richtlinie wird hervorgehoben, dass es möglich sein soll, dass die Angaben zu dem bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltenden Verfahren und die Frist für die Einreichung einer Klage gegen die Kündigung enthalten sind. Nach dieser Bestimmung wäre daher insbesondere auf die Fristen im Zusammenhang mit Kündigungsanfechtungsklagen zu verweisen.

Weiters ist auch der Sitz des Arbeitgebers anzugeben und ist eine kurze Beschreibung dieser Tätigkeit aufzunehmen. Neben einem Hinweis auf die Vergütung von Überstunden sind auch Angaben zu den Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen aufzunehmen.

Wird eine Probezeit vereinbart, sind Angaben zur Dauer und den Bedingungen der Probezeit aufzunehmen.

Die Ausnahme, dass kein Dienstzettel für Dienstverhältnisse ausgestellt werden muss, deren Dauer maximal einen Monat beträgt, entfällt. Der Dienstzettel ist daher für alle Dienstverhältnisse unabhängig von deren Dauer auszustellen.

Die Nichtübermittlung bzw Aushändigung eines Dienstzettels wird nunmehr unter Verwaltungsstrafsanktion gestellt. Demnach ist der Arbeitgeber bei Nichtaushändigung des Dienstzettels von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von € 100,00 bis € 436,00 zu bestrafen. Sind mehr als fünf Arbeitnehmer betroffen und wurde der Arbeitgeber innerhalb der letzten 3 Jahre vor der neuerlichen Übertretung nach dieser Bestimmung rechtskräftig bestraft, beträgt die Geldstrafe € 500,00 bis € 2.000,00. Unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Arbeitnehmer begeht der Arbeitgeber eine einzige Verwaltungsübertretung. Sofern der Arbeitgeber den Dienstzettel nach Einleitung des Strafverfahrens nachweislich aushändigt und das Verschulden des Arbeitgebers gering ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Geringes Verschulden liegt nach dem Initiativantrag dann vor, wenn der Gesetzesverstoß gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. Das ist insbesondere bei einem erstmaligen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Aushändigung des Dienstzettels der Fall.

Arbeitnehmer, welche die Ausstellung eines Dienstzettels verlangen, unterliegen einem Motivkündigungsschutz und einem Benachteiligungsverbot.

Nebenbeschäftigungen

Die Ausübung einer etwaigen Nebenbeschäftigung wurde bis jetzt lediglich für Angestellte im Rahmen des Konkurrenzverbotes (§ 7 AngG) bzw für Arbeiter im Rahmen des Entlassungsrechtes (abträgliche Nebenbeschäftigung) gesetzlich geregelt.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Nebenbeschäftigung, welche nicht vertrags- oder gesetzwidrig ist und die die Arbeitspflichten nicht beeinträchtigt, zulässig und kann vom Arbeitgeber nicht eingeschränkt werden.

Nunmehr wird eine ausdrückliche gesetzliche Regelung in Form des neuen § 2i AVRAG eingeführt.

Nach dieser Bestimmung dürfen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nicht verbieten, ein Arbeitsverhältnis mit anderen Arbeitgebern aufzunehmen. Ebenso dürfen diese Arbeitnehmer wegen einer Mehrfachbeschäftigung nicht benachteiligt werden.

Eine Untersagung einer Mehrfachbeschäftigung ist jedoch dann möglich, wenn diese mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar ist oder der Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist.

Hinsichtlich des abträglichen Verhaltens verweist der Initiativantrag auf die Rechtsprechung zu den Entlassungsgründen des § 82 lit e der Gewerbeordnung 1859. Der Nachteil für die Arbeitgeber kann darin liegen, dass die neu aufgenommene Arbeitsleistung die betroffene Person in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, sodass sie ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann. Ein weiterer Nachteil kann darin bestehen, dass die Arbeitnehmer durch das neu aufgenommene Arbeitsverhältnis den Arbeitgebern im selben Gewerbe Konkurrenz machen. Keine Konkurrenzierung soll laut Initiativantrag vorliegen, wenn die Arbeitnehmer in einem anderen Arbeitsverhältnis nur gelegentlich, in größeren Zeitabständen und vereinzelt Arbeiten verrichten, welche dem Arbeitgeber ohnehin nicht zugekommen wären.

Weitere Gründe, aus denen eine neue Beschäftigung dem bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich sein können, sind die durch eine Mehrbelastung resultierende Gefährdung für die Gesundheit und Sicherheit des Arbeitnehmers, eine mögliche Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen, aus den insgesamt ausgeübten Tätigkeiten entstehende Interessenskonflikte und die Schädigung des Ansehens des Arbeitgebers.

Fortbildungen

In § 11b AVRAG wird nunmehr festgehalten, dass bei Aus-, Fort- oder Weiterbildungen die Teilnahme des Arbeitnehmers an diesen Veranstaltungen Arbeitszeit darstellt und die Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind. Dies aber nur dann, wenn die Absolvierung der Bildungsmaßnahmen aufgrund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (insbesondere Kollektivverträgen) oder des Arbeitsvertrages Voraussetzung für die Ausübung der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit ist.

Die angesprochenen Rechtsfolgen treten somit nur dann ein, wenn die Aus-, Fort- und Weiterbildung für die Ausübung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit eine Voraussetzung darstellt.

Die Verpflichtung der Kostenübernahme für Fortbildungen betrifft nicht die Berufsausbildung oder Fortbildung, die erforderlich ist, um eine Berufsqualifikation zu erlangen, aufrecht zu erhalten, oder zu erneuern, solange der Arbeitgeber nicht gemäß den Rechtsvorschriften der Union, der nationalen Rechtsvorschriften oder der Kollektivverträge verpflichtet wird, sie dem Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.

Ergänzt werden diese Neuregelungen durch einen Motivkündigungsschutz und ein Benachteiligungsverbot.

Sofern die Arbeitnehmer dies verlangen, hat der Arbeitgeber Kündigungen schriftlich zu begründen. Das Verlangen der Arbeitnehmer kann innerhalb von 5 Kalendertagen ab Zugang der Kündigung gestellt werden.

Die schriftliche Begründung durch den Arbeitgeber hat dann ebenfalls innerhalb von 5 Kalendertagen ab Zugang des Verlangens zu erfolgen.

Die gesetzlichen Änderungen sind am 28.3.2024 in Kraft getreten.

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