Zinsen im Steuerrecht

Rubrik: Steuerrecht
Ausgabe: Sep. 2022

Durch die Nullzinspolitik der vergangenen Jahre sind die Zinsen im Abgabenrecht fast in Vergessenheit geraten. Auch die diversen Ausnahmeregelungen im Zusammenhang mit Corona haben die Zinsen an Bedeutung verlieren lassen. Doch nun zeichnet sich eine Trendwende ab, denn die Europäische Zentralbank hat im Juli ein Lebenszeichen in Form einer Anhebung des Leitzinssatzes von sich gegeben.

Zinsen-Wuerfel-auf-MuenzenDas erste Mal seit dem Jahr 2016 wurde damit im Euroraum der Leitzinssatz angehoben. Dies hat auch Auswirkungen auf jene Zinssätze, die im Steuerrecht zur Anwendung kommen. Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden, für welche Sachverhalte die Finanzverwaltung Zinsen verrechnet und wie hoch die unterschiedlichen Zinssätze sind.

1. Stundungszinsen

Stundungszinsen kommen immer dann zur Anwendung, wenn eine bereits fällige Abgabe aufgrund einer bewilligten Zahlungserleichterung später als zum Fälligkeitszeitpunkt bezahlt wird. In Frage kommen hier Stundungen und Ratenzahlungen. Während bei der Stundung der Zahlungstermin des gesamten Abgabenrückstandes aufgeschoben wird, kann bei Ratenvereinbarung die Schuld in Teilbeträgen abgetragen werden.

2. Aussetzungszinsen

Nicht immer ist der Steuerpflichtige mit den Steuerfestsetzungen des Finanzamtes einverstanden und muss erforderlichenfalls ein Rechtsmittel einbringen. Die mit dem Rechtsmittel bekämpfte Steuerschuld bleibt aber trotzdem fällig. Um den strittigen Betrag aber nicht gleich bezahlen zu müssen, kann eine sogenannte Aussetzung der Einhebung beantragt werden. Dies hat zur Folge, dass der bestrittene Steuerbetrag bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel nicht bezahlt werden muss.

Ob nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens Zinsen vorgeschrieben werden oder nicht, hängt von dessen Ausgang ab. Obsiegt der Steuerpflichtige und muss er folglich die bestrittene Abgabenschuld nicht bezahlen, gibt es keine Zinsen. Verliert er aber das Rechtsmittel, so fallen für den Zeitraum ab Bewilligung der Aussetzung der Einhebung bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Bescheidbeschwerde Aussetzungszinsen an.
Diese sind im Regelfall um 1,5%-Punkte niedriger als Stundungszinsen. Grund ist, dass man nicht mit hohen Zinsen, die im Falle der Abweisung eines Rechtsmittels drohen, den Rechtschutz einschränken möchte.

3. Beschwerdezinsen

Wie die Aussetzungszinsen stehen auch die Beschwerdezinsen mit Rechtsmitteln im Zusammenhang. Sie können dann zur Anwendung kommen, wenn im Zuge eines Rechtsmittelverfahrens der strittige Steuerbetrag nicht ausgesetzt sondern vom Steuerpflichtigen gleich bezahlt wird. Geht das Beschwerdeverfahren verloren, so gibt es keine Zinsen, da die Abgabe ja bereits entrichtet wurde. Gewinnt der Beschwerdeführer jedoch das Verfahren, so erhält er neben dem strittigen Steuerbetrag auch Zinsen gutgeschrieben – die sogenannten Beschwerdezinsen. Anders als alle anderen Zinsen, die von Amts wegen mit Bescheid festgesetzt werden, müssen Beschwerdezinsen aber mit einem Antrag geltend gemacht werden.

4. Anspruchszinsen

Vor der Einführung von Anspruchszinsen war es für viele Steuerzahler ein Sport, ihre Einkommensteuererklärung möglichst spät abzugeben, wenn mit einer Nachzahlung gerechnet wurde. Dieser Zinsenvorteil soll mit den Anspruchszinsen abgeschöpft werden.
So gibt es nun jedes Jahr einen zinsenfreien Zeitraum vom 1. Jänner bis 30. September des Folgejahres. Ergeht ein Einkommensteuer- oder ein Körperschaftsteuerbescheid nach dem 1. Oktober des Folgejahres, beginnen die Anspruchszinsen zu laufen und werden in der Regel gemeinsam mit dem Ertragsteuerbescheid festgesetzt.
Die gute Nachricht: Die Regelung gilt umgekehrt auch für Steuergutschriften. Noch dazu sind derartige Gutschriftszinsen steuerfrei.

5. Umsatzsteuerzinsen

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 wurden nun auch Umsatzsteuerzinsen eingeführt. Die Bestimmung ist mit 20. Juli 2022 in Kraft getreten und regelt eine Verzinsung von Nachforderungen und Gutschriften bei Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärungen. Grundsätzlich gilt hier sowohl für Gutschriften als auch für Nachforderungen ein zinsenfreier Zeitraum von 90 Tagen, der bei Gutschriften mit Abgabe der Voranmeldung und bei Nachforderungen mit dem Fälligkeitstag zu laufen beginnt.

Bei Jahreserklärungen beginnen die 90 Tage bei Gutschriften mit Abgabe der Erklärung zu laufen, bei Nachforderungen aber – wie bei der Einkommensteuer – mit 1. Oktober des Folgejahres. Während die Umsatzsteuerzinsen für Umsatzsteuervoranmeldungen bereits gelten, werden sie für Jahreserklärungen erst für Veranlagungen des Jahres 2022 festgesetzt werden.

Der Zinssatz berechnet sich bei allen hier beschriebenen Zinsen als Aufschlag auf den Basiszinssatz, der seit 27. Juli 2022 –0,12% beträgt. Dieser Aufschlag beträgt bei den Stundungszinsen grundsätzlich 4,5%-Punkte, bei allen anderen Zinsen 2%-Punkte.

Allerdings besteht für Stundungszinsen eine Corona-Sonderregelung: Bis 30. Juni 2024 beträgt der Aufschlag auf den Basiszinssatz ebenfalls nur 2%-Punkte. Somit kommt derzeit für alle Zinsen ein einheitlicher Zinssatz von 1,88% pa zur Anwendung.

Ebenfalls für alle Zinsen gilt eine Ausnahmeregel in Bagatellfällen. Ergeben die Zinsen rechnerisch weniger als € 50,--, dann werden sie nicht festgesetzt. Bei Überschreiten dieses Grenzbetrages kommt dann aber gleich der volle Betrag zur Anwendung, eine Einschleifregelung gibt es nicht. Jedenfalls wird dadurch vermieden, dass wie im Sozialversicherungsrecht selbst Cent-Beträge als Verzugszinsen vorgeschrieben werden.

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