Strafverfahren – Besonderheiten

Stand: November 2021

Das Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit Verwaltungsübertretungen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz wird nach den Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) geführt.

Jeder am Verfahren Beteiligte, also insbesondere auch Arbeitgeber, die einer Verwaltungsübertretung nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz beschuldigt werden, muss – wie im Verwaltungsstrafverfahren auch sonst üblich – selbst für die ihm aus dem Verfahren erwachsenen Kosten aufkommen. Ein Kostenersatz ist nicht vorgesehen, selbst wenn sich der Verdacht als unbegründet erweist und das Verwaltungsstrafverfahren aus diesem Grund eingestellt wird.

Zuständigkeit

Sachlich zuständig für das Führen des Verwaltungsstrafverfahrens ist die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde. Dies sind die Bezirkshauptmannschaften und in Städten mit eigenem Statut der Magistrat (in Wien auch Magistratisches Bezirksamt).

Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die jeweilige Verwaltungsübertretung begangen worden ist. Abweichendes gilt für grenzüberschreitende Entsendungen und grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassungen. Bei grenzüberschreitender Entsendung oder Arbeitskräfteüberlassung gilt die Verwaltungsübertretung in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde als begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer liegt. Bei wechselndem Arbeits(Einsatz)ort am Ort der Kontrolle.

Verjährung

Das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz enthält einige Sonderbestimmungen zur Verfolgungsverjährung bzw Strafbarkeitsverjährung der strafbaren Unterentlohnung. Die Verfolgung ist nur zulässig, wenn innerhalb der Verjährungsfrist von der Bezirksverwaltungsbehörde eine Verfolgungshandlung (zB Aufforderung zur Rechtfertigung) vorgenommen worden ist. Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr. Liegt Unterentlohnung vor, sind verschiedene Verjährungsfristen zu beachten, deren Regelung relativ komplex erscheint.

Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt drei Jahre ab der Fälligkeit des Entgelts. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, beginnt die Frist für die Verfolgungsverjährung ab der Fälligkeit des Entgelts für den letzten Lohnzahlungszeitraum der Unterentlohnung. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung beträgt bei Unterentlohnung fünf Jahre.

Hinsichtlich von Sonderzahlungen beginnen die Fristen von Verfolgungs- und Strafbarkeitsverjährung ab dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres, in welchem die Sonderzahlungen fällig wurden.

Es handelt sich bei der Unterentlohnung grundsätzlich um ein Dauerdelikt, bei dem die Verjährung erst beginnt, wenn das strafbare Verhalten beendet wurde. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwaltungsübertretung vor.

Eine Unterentlohnung ist daher dann als beendet anzusehen, wenn das Entgelt der (letzten) von der Unterentlohnung betroffenen Lohnzahlungsperiode fällig wurde. Dies bedeutet auch, dass eine allfällige Unterentlohnung mit Beendigung aller von Unterentlohnung betroffenen Arbeitsverhältnisse abgeschlossen ist und die Verjährungsfristen ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnen.

Hinsichtlich von Sonderzahlungen beginnen die Verjährungsfristen ab dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres zu laufen, in welchem die Sonderzahlungen fällig wurden.
Die Verjährungsfrist verkürzt sich auf ein Jahr, wenn zwar nach Erhebungen des Amtes für Betrugsbekämpfung oder der Feststellung der Unterentlohnung durch den Träger der Krankenversicherung bzw die BUAK, aber vor Aufforderung zur Nachzahlung durch die Strafbehörde, die Unterentlohnung durch den Arbeitgeber vollständig ausgeglichen wurde.

Parteistellung

Die Österreichische Gesundheitskasse als Kompetenzzentrum LSDB, die zuständigen Träger der Krankenversicherung (ÖGK oder BVAEB) sowie die BUAK haben Parteistellung im Verwaltungsstrafverfahren wegen Unterentlohnung. Die Parteistellung haben sie auch dann, wenn sie nicht selbst die Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde erstattet haben. Über die Ausübung der Parteirechte hinaus steht diesen Behörden die Berechtigung zu, gegen Entscheidungen Rechtsmittel (zB Beschwerde gegen die Strafhöhe oder gegen die Einstellung des Verfahrens) oder nach Ausschöpfung des Instanzenzuges Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Eigentlich ist die Berechtigung Rechtsmittel zu erheben ohnehin schon Teil der Rechte, die Parteien in einem Verwaltungsstrafverfahren zukommen. Die gesetzliche Erwähnung, dass das Kompetenzzentrum LSDB, die Träger der Krankenversicherung oder die BUAK Rechtsmittel erheben dürfen, bringt zum Ausdruck, dass dies auch zu Lasten des Arbeitgebers erfolgen kann.

Grafik

Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist je nach Lage des Falles auch bei Strafverfahren wegen Nichtübermittlung der Lohnunterlagen, Verweigerung der Einsichtnahme in die Unterlagen oder Vereitelung der Kontrolle, die Parteistellung der jeweils zuständigen Einrichtung im Verwaltungsstrafverfahren gegeben.

Keine Parteistellung in Strafverfahren nach dem LSD-BG hat der betroffene Arbeitnehmer. Erfolgt die Feststellung einer Unterentlohnung durch das Kompetenzzentrum LSDB bzw durch den zuständigen Träger der Krankenversicherung, ist der Arbeitnehmer über eine sein Arbeitsverhältnis betreffende Strafanzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde zu informieren.

Aussetzen des Strafverfahrens – Klärung einer Vorfrage

Arbeitsrechtliche Entgeltfragen können in der Praxis sehr komplex sein. In jenen Fällen, in denen strittige Entgeltfragen gerichtsanhängig sind oder anhängig gemacht werden, hat die Bezirksverwaltungsbehörde das Verwaltungsstrafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Vorfrage auszusetzen. Die Parteien sind von der Aussetzung zu verständigen.

Damit kann die Bezirksverwaltungsbehörde die Entscheidung des Gerichts über die Vorfrage abwarten und ihrem Verfahren zugrunde legen. Durch die Aussetzung wird der Ablauf der Strafbarkeitsverjährungsfrist gehemmt.

Zustellung

Damit Strafbescheide in Rechtskraft erwachsen und letztendlich auch vollstreckt werden können, sind sie nach den Bestimmungen über die behördliche Zustellung dem Empfänger des Bescheides zuzustellen. Rechtsmittelfristen bzw die Frist, innerhalb welcher eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann, werden durch eine rechtmäßige Zustellung an eine gesetzlich vorgesehene Abgabestelle des Bescheidempfängers in Gang gesetzt.

Für die Zustellung im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren nach sämtlichen Straftatbeständen, die durch das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz eingeführt wurden, gilt: Die Zustellung kann auch an die im Inland gelegene auswärtige Arbeitsstelle oder die Betriebsstätte erfolgen, an der der Arbeitnehmer des Arbeitgebers tätig ist.

Somit kann nach dieser Regelung auch eine Zustellung an ausländische Arbeitgeber im Inland rechtswirksam erfolgen.

Bestellung von verantwortlichen Beauftragten

Die Bestellung von (verwaltungsstrafrechtlich) verantwortlichen Beauftragten ist auch im Bereich des LSD-BG möglich. Die Bestellung wird allerdings erst dann rechtswirksam, wenn sie der zuständigen Stelle mitgeteilt wird. Arbeitgeber und Beschäftiger mit Sitz im Inland müssen die schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten an den zuständigen Träger der Krankenversicherung übermitteln; Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz im Ausland der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen.

Der Widerruf der Bestellung oder das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten ist der zuständigen Stelle ebenfalls schriftlich mitzuteilen. Unterbleibt diese Meldung, liegt eine Verwaltungsübertretung vor, die mit einer Geldstrafe von € 41,-- bis € 4.140,-- (im Wiederholungsfall € 83,-- bis € 4.140,--) bestraft wird.

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