Entgelt – Was fällt alles darunter?

Stand: November 2021

Bereits mit der Novelle 2015 zum LSDB-G wurde die behördliche Lohnkontrolle ausgeweitet, sodass anstatt des Grundlohnes das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt maßgeblich ist. Grundlohn und Entgelt sind verschiedene Dinge. Der Grundlohn beinhaltete ausschließlich den Brutto-Grundbezug (Grundlohn bzw Grundgehalt) für die geleistete Arbeitszeit der Arbeitnehmer. Dabei blieben Prämien, Zulagen, Zuschläge, Sonderzahlungen, diverse Pauschalen und dergleichen außer Betracht, selbst wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift einen Anspruch darauf hatte.

Dem Gesetzestext entsprechend liegt eine Verwaltungsübertretung vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien leistet.

Für die Bestimmungen des LSD-BG kommt der arbeitsrechtliche Entgeltbegriff zur Anwendung. Der Begriff des Entgelts ist im Arbeitsrecht sehr weit.

Darunter versteht man sämtliche Leistungen, die der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber dafür erhält, dass er ihm seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Es kommt nicht darauf an, ob diese Leistung einmalig oder laufend, zur Vergütung normaler Arbeitsleistung oder Sonderleistung bzw aufgrund besonderer Belastungen gewährt wird.

Unter den Entgeltbegriff im Sinne des LSD-BG fallen somit grundsätzlich all jene Entgeltleistungen, auf die der Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen oder einer Verordnung einen Rechtsanspruch hat (unter Beachtung des Ausnahmekataloges des § 49 Abs 3 ASVG). Entgeltbestandteile, die in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag vereinbart wurden, sind von der behördlichen Lohnkontrolle nicht betroffen.

Überzahlungen sind auf allfällige Unterentlohnungen des gebührenden Entgelts im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Im Rahmen der Novelle 2017 wurde klargestellt, dass jegliche Entgeltzahlungen, die das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt übersteigen, ohne Einschränkung auf deren Rechtsgrundlagen, im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen sind.

Beispiel: Ein Arbeitgeber vereinbart mit seinem Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag eine monatliche Überzahlung in Höhe von € 2,-- pro Stunde auf den kollektivvertraglichen Stundenlohn.
Wenn der Arbeitgeber trotzdem ausschließlich den aufgrund des Kollektivvertrages zustehenden Stundenlohn leistet, begeht er keine Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des LSD-BG.
Achtung: Der Arbeitnehmer könnte die Überzahlung trotzdem zivilrechtlich einklagen.

Besonderheiten gelten hinsichtlich Sonderzahlungen für dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) unterliegende Arbeitnehmer: Hier liegt eine Verwaltungsübertretung nur dann vor, wenn der Arbeitgeber die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Hintergrund dieses jahresbezogenen Prüfzeitraumes sind die unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte und Berechnungsmethoden bei Sonderzahlungen. Zivilrechtliche Fälligkeiten bleiben hiervon unberührt.

Beispiel: Ein Arbeitgeber bezahlt seinen Arbeitnehmern zwar die Urlaubsentschädigung, vergisst jedoch die Weihnachtsremuneration auszuzahlen.
Wenn er diese bis 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres nicht bezahlt, begeht er eine Verwaltungsübertretung.

Für Arbeitsverhältnisse im Geltungsbereich des BUAG ist Folgendes zu beachten: Die Arbeitnehmer haben bei Urlaubsantritt Anspruch auf ein Urlaubsentgelt. Dieses besteht je zur Hälfte aus dem Urlaubsgeld und dem Urlaubszuschuss. Die Sonderzahlungen sind somit durch den Urlaubszuschuss abgedeckt, wenn im jeweiligen Kollektivvertrag nicht weitere Sonderzahlungen (zB Weihnachtsremuneration) vorgesehen sind.

Für Zeitguthaben aus Mehrarbeits- oder Überstunden gilt das Entgelt als geleistet, wenn sie im Rahmen einer gültigen „Zeitausgleichvereinbarung“ tatsächlich als Zeitausgleich konsumiert werden. Es besteht kein Anspruch mehr auf eine Abgeltung in Geld, allfällig zu leistende Zuschläge sind hier jedoch zu berücksichtigen. Sie müssen entweder ebenfalls in Zeit oder in Geld abgegolten werden.

Hat der Arbeitnehmer aufgrund einer Dienstverhinderung oder Urlaub (Krankenentgelt, Urlaubsentgelt) Anspruch auf Fortzahlung seines Lohns bzw Gehalts, ist dies bei der Ermittlung des Entgelts ebenfalls zu berücksichtigen.

Die Höhe des Entgelts ist innerhalb der jeweiligen Lohnzahlungsperiode zu ermitteln und kann daher erst abschließend beurteilt werden, wenn nach Ende der Lohnzahlungsperiode das zustehende Entgelt fällig wird.

Unter dem zustehenden Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinn versteht man alle Geld- und Sachbezüge, die der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft leistet bzw zu leisten hat. Im Entgelt sind daher auch Zulagen, Zuschläge, Prämien etc enthalten. Tatsächliche Aufwandsentschädigungen zählen hingegen allgemein nicht zum Entgelt.

Dieser Entgeltbegriff ist demnach sehr weitreichend.

Beispiel: Der monatliche Entgeltanspruch eines Arbeitnehmers im Außendienst beträgt € 1.100,--. Zusätzlich kommt der Arbeitgeber für die Unterkunft und die gesamte Verpflegung seines Außendienstmitarbeiters auf und stellt ihm darüber hinaus ein Firmenfahrzeug, welches er auch privat nutzen kann, sowie einen Laptop mit Internetanschluss und ein Mobiltelefon zur Verfügung. Er entschädigt seinen Arbeitnehmer jedoch nicht in Geld, da die Gewährung all dieser Leistungen im Ausmaß von € 2.000,-- monatlich seines Erachtens schon als Entlohnung ausreicht.
Dieser Arbeitgeber leistet das zustehende Entgelt nicht! Der kollektivvertragliche Anspruchslohn besteht in Höhe von € 1.100,--. Sachbezüge dürfen, selbst wenn sie in einem derart hohen Ausmaß gewährt werden, nicht auf das Entgelt angerechnet werden.

Im Bereich der österreichischen Sozialversicherung der unselbständig Erwerbstätigen (ASVG) ist das „Anspruchslohnprinzip“ maßgebend. Beitragsgrundlage im ASVG ist grundsätzlich das zustehende Entgelt, weshalb in diesem Bereich der sozialversicherungsrechtliche Entgeltbegriff anzuwenden ist. Konkret bedeutet dies, dass die Arbeitgeber nach den Bestimmungen des LSD-BG verpflichtet sind, ihren Arbeitnehmern das ihnen zustehende Entgelt zu leisten. Die Beiträge zur Sozialversicherung werden nach dem zustehenden Entgelt bemessen, und zwar unabhängig davon, ob es der Arbeitgeber auch ausbezahlt hat. Das Entgelt im Sinne des ASVG umfasst in diesem Zusammenhang auch Bestandteile wie Sonderzahlungen, Zulagen, Zuschläge und dergleichen, sofern der betreffende Arbeitnehmer aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift Anspruch darauf hat.

Während im Bereich der Sozialversicherung das Anspruchslohnprinzip maßgebend ist, ist im Steuerrecht das Zuflussprinzip, wonach der Lohnsteuerpflicht unterliegt, was dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zufließens tatsächlich bezahlt wird, vorherrschend. Das Entgelt, auf welches der Arbeitnehmer aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift Anspruch hat, ist beim Zuflussprinzip nicht von Bedeutung, da es darauf ankommt, welchen Lohn bzw welches Gehalt der Arbeitnehmer tatsächlich erhalten hat.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen kollektivvertraglichen Anspruch auf ein Entgelt samt Überstundengrundentgelt und -zuschlägen sowie Sonderzahlungen in Höhe von € 2.000,--. Hat der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer € 1.000,-- bezahlt, liegt eine strafbare Unterentlohnung im Sinne der Bestimmungen des LSD-BG vor.
Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich lediglich € 1.000,-- aus, so kann die Differenz (wie auch bereits vor Inkrafttreten des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes) vom Arbeitnehmer zivilrechtlich eingeklagt werden. Die Sozialversicherungsbeiträge werden aufgrund des Anspruchslohnprinzips vom Entgelt in Höhe von € 2.000,-- berechnet, während die Lohnsteuerbemessungsgrundlage aufgrund des im Steuerrecht anwendbaren Zuflussprinzips € 1.000,-- beträgt. Würde der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das ihm zustehende Entgelt in Höhe von € 2.000,-- tatsächlich bezahlen, so wäre die Lohnsteuer auch von € 2.000,-- zu bemessen.

Das Entgelt im Sinne des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes ergibt sich entweder aus dem Gesetz, einer Verordnung oder dem Kollektivvertrag. In der Praxis kommt dem Kollektivvertrag die übergeordnete Rolle zu, da für die große Mehrheit der Beschäftigungsverhältnisse in Österreich ein anzuwendender Kollektivvertrag in Geltung steht.

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